Das Haarwachstum beginnt schon in der embryonalen Entwicklung und setzt sich im Leben eines Menschen bis zu seinem Tod hin fort. Das Haar als Produkt des Haarfollikels kann im Laufe seiner aktiven Phase nacheinander bis zu vier verschiedene Haartypen ausbilden. Jede dieser Haartypen durchläuft den gleichen Haarwachstumszyklus mit seinen drei Phasen, die sich je nach Haartyp in ihrer Dauer unterscheiden. In Abhängigkeit von Haartyp und Haarlokation kann ein komplett durchlaufener Haarwachstumszyklus einige Wochen bis viele Jahre dauern.

Entwicklung des Haares

Das menschliche Haar entsteht schon sehr früh, nämlich in der zehnten Schwangerschaftswoche während der Embryonalentwicklung. Die ersten Haarkeime, aus denen sich später die Haarfollikel entwickeln, entstehen aus nach innen wachsenden Einstülpungen der Epidermis. Die im Haarfollikel sich ausbildende Haarpapille bildet wiederum die Haarzwiebel aus, aus der durch Keratinisierung der Haarmatrixzellen der Haarschaft entsteht. Der Haarfollikel kann im Laufe seiner aktiven Phase nacheinander bis zu vier verschiedene Haartypen ausbilden ^{1, 2, 3}.

Lanugohaar (Flaumhaar)

Es erscheint ab der neunzehnten Schwangerschaftswoche auf der Hautoberfläche des Fötus und ist ein feines, unpigmentiertes Haar, welches bis zum 8. Schwangerschaftsmonat den Fötus bedeckt. Danach wird es abgestoßen und durch die zweite Lanugobehaarung ersetzt, die dann beim Neugeborenen bis zum 3. Monat noch synchronisiert abgestoßen wird ^{2, 4}.

Vellushaar (Wollhaar)

In der Entwicklung folgt es dem Lanugohaar und ist ein feines, schwach pigmentiertes Haar, das auch zeitlebens in den Regionen des Körpers wächst, wo später kein Terminalhaar ausgebildet wird ^2,4.

Intermediärhaar

Ist ein ebenfalls schwach pigmentierter Haartyp, der sich bis zum zweiten Lebensjahr an der Kopfhaut befindet. Dieses Haar ist gröber als das Vellushaar und feiner als das Terminalhaar ^2,4.

Terminalhaar

Das Terminalhaar der Kopfhaut wird durchschnittlich 0,12 mm dick, während das marklose Vellushaar nur eine Dicke von ca. 0,04 mm erreicht. An der gesamten äußeren Körperhaut eines Menschen befinden sich etwa 5 Millionen Haarfollikel, wobei 500.000 Follikel Terminalhaare tragen und die übrigen Vellushaare. Die Anzahl der Haarfollikel und die Haardicke sind genetisch bedingt und hängen auch von der Haarfarbe ab ³.

Schematische Darstellung eines Haarfollikels

Abhängigkeit zwischen Haarfarbe, Anzahl der Haarfollikel am Kopf und Haardicke

Haaranatomie

Das Produkt des Haarfollikels ist der Haarschaft, der aus drei konzentrisch angeordneten Schichten besteht.

Haarmark

Das Haarmark ist ein luftgefüllter Hohlraum, der gering verhornt ist und pigmentierte Zellen enthält. Er befindet sich im Zentrum des Haarschafts. Der Durchmesser variiert stark je nach Haardicke. In dünnen, Lanugo- und Vellushaaren fehlt das Haarmark völlig ^3,5.

Haarrinde

Die Haarrinde besteht aus verhornten spindelförmigen Zellen und ist die dickste Schicht des Haares. Die Haarrinde ist für die chemische und physikalische Festigkeit des Haares und durch die in ihr enthaltenen Melanosomen für die Haarfarbe verantwortlich ^3,5.

Cuticula

Die Cuticula ist die äußerste Schutzschicht des Haares und besteht aus etwa 7 überlappenden Schichten verhornter flacher Cuticulazellen. Die Cuticula mit ihrem hohen Anteil an L-Cystin stützt die Haarrinde gegen von außen einwirkende chemische, mechanische und physikalische Schäden. Bei Schädigung der Cuticula durch z. B. zu häufige Haarwaschungen oder intensives Bürsten fehlt der Schutz gegen die Absorption von Fremdstoffen ^3,5.

Querschnitt des Haarschaftes

Die Phasen des Haarwachstumszyklus

Haarwachstumszyklus

Die Haarfollikel sind in einem ständigen Zyklus zwischen Wachstums- und Ruhephase. Die Dauer der Wachstumsphase bestimmt die maximale Länge eines Haares. Das menschliche Haar wächst asynchron und in Zyklen, wobei die Zyklusphasen je nach Körperregion unterschiedlich lange dauern können. Der Haarwachstumszyklus wird in folgende Phasen aufgeteilt, die sich durch morphologische Veränderungen auszeichnen:

• Anagenphase (Wachstumsphase)
• Katagenphase (Übergangsphase)
• Telogenphase (Ruhephase)

Quellen
¹Trüeb RM, Female Alpecia, Springer-Verlag, 2013
²Trüeb RM, Lier D. Hauptsache Haare – Das Haar im Spiegel von Medizin und Psychologie. Rüffer & Rub Sachbuchverlag, 2002
³Raab W. Haarerkrankungen in der dermatologischen Praxis. Springer Verlag, 2012
⁴Zaun H, Dill-Müller D. Haarprobleme – Diagnostik und Bewertung in der Praxis. Spitta Verlag, 2005
⁵Trüeb RM. Haare – Praxis der Trichologie. Steinkopff Verlag, Darmstadt, 2003